Architekturvermittlung an Kinder in St. Gallen

Sabine Brinitzer, Denkmalpflege   Sabine Brinitzer, Denkmalpflege

 

 

Vortrag über Jakob Stamm (1861 - 1933) Architekt in Schaffhausen

Bericht in den Schaffhauser Nachrichten vom 29. Oktober 2018: «Das ist eine Art Detektivarbeit»

Jakob Stamm gehörte zu den meistbeschäftigten Architekten vom Übergang des 19. zum 20. Jahrhundert in Schaffhausen und hat die Fassade des Stadthauses gestaltet.

von Edith Fritschi

Als Sabine Brinitzer eines Tages am «Kutscherhaus» an der Stokarbergstrasse vorbeispazierte, musste sie zweimal hinschauen. «Diese Fenster», sagt sie, «waren sehr ungewöhnlich.» Was ihr aufgefallen war: Da waren keine normalen Kreuzfenster, sondern eine unübliche Aufteilung der Scheiben und Verstrebungen. Die Neugierde der Bauhistorikerin war geweckt. Sie überlegte sich zunächst, ob die Fenster des Hauses, erbaut im sogenannten Heimatstil, später dazugekommen sein könnten. So nahm sie Kontakt mit der Eigentümerin auf, bekam Einblick in die Geschichte der 1915 erbauten Liegenschaft, erfuhr, dass die Fenster offenbar von Anfang an so geplant waren und dass der Architekt Jakob Stamm hiess. «Ich hatte ihn bisher nur als Gestalter der Stadthausfassade gekannt, doch als ich begann, seine Spuren zu verfolgen, merkte ich bald, dass er die architektonische Landschaft in Schaffhausen am Ende des 19.und zu Beginn des 20. Jahrhunderts massgeblich mitgeprägt hatte.»

Nachlass im Stadtarchiv

«Es ist ein Glücksfall», sagt Brinitzer, die nach ihrer Arbeit beim kantonalen Denkmalamt nun als Selbständige eine Fachstelle für bauliche und städtebauliche Denkmalpflege führt. «Im Stadtarchiv befinden sich nämlich originale Zeichnungen von 55 Projekten von Jakob Stamm.» So konnte sie sein Werk auch wissenschaftlich verfolgen. «Ein anderer Teil seines Nachlasses liegt in der ETH Zürich», sagt sie. Doch dieser bezieht sich vor allem auf seine Studienzeit dort. Denn Stamm, 1861 in Beringen geboren, absolvierte nach der Matura ein Praktikum bei Johann Christoph Bahnmeier und begann 1880 sein Architekturstudium am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, wo er bei Alfred Friedrich Bluntschli, einem Nachfolger Gottfried Sempers (Erbauer der Semperoper in Dresden), sein Diplom machte. Nach dem Studienabschluss arbeitete er 1884 zuerst in Wien, später in Wiesbaden. 1889 kehrte er zurück nach Schaffhausen und gründete danach sein eigenes Büro. Bis etwa um 1910 gehörte er zu den wohl meistbeschäftigten Architekten in Schaffhausen. Er konnte zahlreiche Villen, Wohn- und Geschäftshäuser erstellen, aber auch wichtige Umbauten und Renovierungen ausführen, und bis heute kann man sein Wirken anhand der Bauten mitverfolgen.

Nur wissen wohl die wenigsten, wer sich hinter vielen bekannten Gebäuden als Erbauer bzw. Planer versteckt. So baute Stamm zum Beispiel die methodistische Friedenskirche oder die Villa Freyenstein. «Dieser Entwurf gefällt mir persönlich am besten», sagt Brinitzer, die nun auf Anfrage des Historischen Vereins die bedeutendsten Projekte von Stamm erstmals der Öffentlichkeit vorstellt. Was sie an dessen Schaffen besonders faszinierend findet, ist auch, dass sein Werk eine eigenständige Entwicklung erkennen lässt. Und seine architektonische Handschrift hat sich nach und nach vom Späthistorismus der Semperschule über den Jugendstil zu einem ausgeprägten Heimatstil – wie es das eingangs erwähnte Haus an der Stokarbergstrasse darstellt – und letztlich bis zu einer modernen Formensprache entwickelt.

Auch als Autor interessant

Doch für Brinitzer, deren Schwerpunkte Baugeschichte, Stadtbaugeschichte, Denkmalpflege, Stadtplanung und organische Architekturkonzepte sind, ist Stamm auch als Autor interessant. «Er engagierte sich stark im Schaffhauser Heimatschutz und für dessen künstlerischen und denkmalpflegerischen Anliegen», weiss sie. So hat er eine zweiteilige Arbeit über Schaffhauser Deckenplastik, also die Stuckarbeiten, verfasst und steuerte zum Band «Das Bürgerhaus der Schweiz» zahlreiche Zeichnungen bei. «Ich finde, dass er sehr prägend war in Schaffhausen», sagt Brinitzer. «Und er muss sich auch stark mit der Stadt identifiziert haben, wovon seine Arbeiten zeugen.. Sie selbst hat sich immer tiefer ins Werk des Architekten hinein begeben. «Das ist eine Art Detektivarbeit. Je länger und tiefer man sich damit befasst, umso spannender wird es», meint die Denkmalpflegerin, die 2013 aus beruflichen Gründen aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Schaffhausen zog und sehr gern hier lebt. Nicht nur der Landschaft und Gegend wegen, sondern weil die Stadt für sie auch architektonisch immer wieder neue Erkenntnisse liefert und sie nun als «Kennerin» die Schaffhauser mit einem Stück ihrer eigenen Baugeschichte vertraut machen kann.

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Referentin Sabine Brinitzer und Stadtarchivar Peter Scheck. Bild: Selwyn Hoffmann

 

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